KW 09, ab 26. Febr.

26. Februar, Montag, Dom. Republik, Ocean World Marina

Heute am Montag wird es Zeit sich um die Reparaturen am Schiff zu kümmern. Wir brauchen eine neue Bilgenpumpe für die Achterbilge an Backbord, ein neues Großfall, neue Leinen zur Befestigung des rechten Trampolins und eine neue Leine für die Gastlandflaggen. In der Marina zeigt man mir auf dem Stadtplan von Puerto Plata, wo das einzige Geschäft mit Schiffszubehör zu finden ist. Direkt neben uns am Steg kommt gerade ein Fischer herein, der seinen Fang präsentiert, ich hatte gestern bei ihm Fisch bestellt und er liefert prompt.

CIMG3189
Das nenne ich mal einen Fisch

Wir erstehen die kleinste Dorade, die immerhin noch über 2 Kilo wiegt. Er nimmt sie gleich aus und filetiert sie für uns. In der Zwischenzeit hat Andreas den neuen Leihwagen schon abgeholt und zu dritt, Sabine kommt auch mit, machen wir uns auf den Weg in die Stadt. Prompt landen wir in einem fürchterlichen Stau auf der vierspurigen Einfallsstraße, es hat wohl einen Unfall gegeben, kein Wunder bei dem Regen.

dav
Es schüttet

Es schüttet wie in den Tropen, die unzähligen Mopedfahrer suchen Schutz im Eingang der vielen Läden links und rechts der Straße. Wir haben ja Zeit und schauen uns das Chaos aus dem trockenen, klimatisierten Auto aus an. Endlich geht es weiter, wir finden den Laden problemlos mithilfe meiner Navigations-App und den dazugehörigen Open-Street-Map Karten.

Leider ist die Auswahl nicht sonderlich, immerhin gibt es Bilgenpumpen in allen Größen. An Leinen ist nur eine Ausführung vorrätig, 12 mm braided, das ist geschlagenes Tauwerk. Es ist zwar nicht wirklich die Qualität, die wir benötigen, aber es gibt nichts anderes hier. Die dünneren Leinen sind problemlos zu bekommen. Als ich zahlen will, wird es kompliziert, der Laden akzeptiert keine Kreditkarten. Einer der Angestellten steigt mit uns in unser Auto und lotst uns zum Paradeplatz im Stadtzentrum, dort befindet sich eine moderne Bank mit mehreren Geldautomaten. Anscheinend ist heute Zahltag, vor den ATM Maschinen haben sich bereits kleine Schlangen  gebildet. Ich muss zweimal jeweils 10.000 Pesos (170 €) abheben, das ist der Maximalbetrag pro Transaktion. Als wir zum Laden zurückkommen, wird dort gerade abgeschlossen, es ist schließlich Mittag, exakt 12:00 Uhr. Da wir wahrscheinlich die besten Kunden der Woche sind, schließt die Kassiererin noch mal auf, ich zähle die Tausender auf den Tisch und der Einkauf ist abgeschlossen. Puerto Plata lädt nicht zum Verweilen ein, deshalb fahren wir ohne weiteren Stadtbummel zurück zur Marina.

Unterwegs eröffnen die Klassens mir, dass sie am Mittwoch von JABULO abmustern wollen. Sie haben bereits beim Einlaufen in die Marina am Donnerstag erzählt, dass sie vor ein paar Jahren schon einmal genau hier gewesen sind und zwar in einem der zahllosen All-Inclusive-Hotels, die sich über 70 km lang an der Küste etabliert haben. Sie haben ab Mittwoch vorerst für eine Woche ein Zimmer mit All-Inclusive gemietet, wollen aber wohl 2 Wochen hier bleiben. Den Flug bekommen sie schon irgendwie umgebucht. Ich überlege kurz, ob wir auf dem letzten Stück bis Guadeloupe dadurch Schwierigkeiten bekommen könnten, aber auch zu dritt lässt sich JABULO gut und sicher segeln. Einzig das Abmustern von Bord müssen wir mit den Behörden klären. Mit zwei Leuten weniger entfällt auch der noch anstehende nächste Großeinkauf, für die verbleibende 3-er Crew reichen die Vorräte locker.

Nach dem Nachmittagskaffee wollen wir (die Klassens, Andi und ich) noch einen Ausflug nach Luperon machen, das ist der nächstgelegene Hafen in westlicher Richtung. Luperon wird in den Segelführern unterschiedlich beurteilt, von korrupter Bürokratie ist die Rede, aber auch von einem malerischen Städtchen, in dem Segler willkommen sein sollen. Zuerst geht es die Hauptverkehrsstraße entlang, kurz nach der Ausfahrt aus unserer Resort-Anlage stinkt eine riesige Müllhalde neben der Straße vor sich hin. Darin laufen Leute herum und durchsuchen den Abfall nach Brauchbarem. Die Straße davor ist eine einzige Großbaustelle. Es geht über einen Hügel und wir sehen, warum da gebaut wird. Wie zum Hohn für die einheimische Bevölkerung liegt in der nächsten Bucht ein Kreuzfahrtschiff vor Anker, am Ufer befinden sich diverse Hotelanlagen.

20180302_161100
Der Kreuzfahrer liegt gleich um die Ecke

Die Zufahrt besteht aus einem nagelneuen vierspurigen Zubringer, der Zutritt ist mit Schranke und Wachpersonal abgesichert. Bereits auf ihrem gestrigen Ausflug haben die anderen festgestellt, dass, genau wie vor ein paar Jahren schon, alle schönen Strände im Besitz der internationalen Touristikkonzerne sind und die Einheimischen keinen Zutritt haben, höchstens als billige Arbeitskräfte. Nach etwa 20 km biegen wir nach rechts von der Hauptstraße ab, jetzt geht es eine gute halbe Stunde lang über Landstraßen unterschiedlichster Qualität, Schlaglöcher und Schotterpiste eingeschlossen.

Luperon entpuppt sich als Kleinstadt mit Unmengen kleiner Läden, Friseurgeschäfte, Kneipen und Restaurants. Wir wandern ein wenig hin und her und bestellen dann in einer Kneipe Bier.

Zu unserer Überraschung bekommen wir das Bier nicht nur in Flaschen von einem dreiviertel Liter, sondern es wird zum Bier ein echtes Glas auf den Tisch gestellt. In der gesamten von den USA beeinflussten Welt bekamen wir Bier fast immer nur in Dosen, evtl. mit einem Plastikbecher. Auch im hiesigen Restaurant neben der Marina wurde am Freitagabend das Essen auf richtigen Porzellantellern mit richtigem Metallbesteck und Getränke in den dazu passenden Gläsern serviert. Mir fällt der Unterschied nach etlichen Monaten USA regelrecht auf, dort gibt es fast nur Wegwerfgeschirr. Offensichtlich ist das billiger als Tellerwäscher zu bezahlen. Kein Wunder, dass der klassische amerikanische Traum vom Tellerwäscher zum Millionär zu werden, heute selten geworden ist, es gibt einfach zu wenig Teller in den USA. Bis wir das viele Bier ausgetrunken haben, wird es dämmerig und wir holpern über die Schlaglochstraßen wieder nach Hause. In den Dörfern sind jetzt endlich Leute zu sehen. Vor den kleinen Läden und Imbissbuden spielt sich das abendliche Leben draußen ab, wie ich es auch von Kourou aus kenne, dort beginnt das Leben abends ab 19:00 Uhr, hier ist es anscheinend ebenso.

Auf JABULO ist das Essen fast fertig, der Reis ist gar, Andrea muss nur noch den Fisch braten. Die Dorade hat wunderbar festes Fleisch und praktisch keine Gräten, so muss Fisch schmecken. Der Wind kommt immer noch kräftig von Osten, in der Nacht gibt es starke Regenschauer, die endlich das viele Salz vom Deck waschen.

27. Februar, Dienstag, Dom. Republik, Ocean World Marina

Gleich nach dem Frühstück geht es ans Arbeiten. Ich messe die Länge des alten gebrauchten Großfalls, das noch vom Vorbesitzer stammt, nach, das ich seit Deltaville als Reserve mitschleppe. Es ist lang genug, also werden wir es setzen, der neuen Leine traue ich nur bedingt. Andreas wird mit dem Bootsmannsstuhl in dem Masttop hoch gezogen, um zuerst die abgerissenen Enden des Falls zu entwirren. Zum Glück ist die lose Part nicht über den Block im Mast verschwunden, er lässt das Ende zu uns runter. Wir vernähen es mit der neuen (alten) Leine. Dann löst er den Knoten der festen Part und ein paar Meter defekter Leine fallen aufs Deck. Mit einer Hilfsleine zieht er das andere Ende des neuen (alten) Falls hoch und verknotet es im Masttop. Jetzt müssen wir nur noch den gesamten fast 120 m langen Wuhling der beiden verbundenen Falls nach unter durchziehen und siehe da, das Großsegel kann wieder gehisst werden.

Anschließend gehe ich mit Sabine und Andreas zur Marina, die beiden müssen erneut einreisen, damit ich sie von meiner Crewliste nehmen kann. Gegen Zahlung von ein paar Dollars gibt es die erforderlichen Dokumente und Stempel. Die beiden und Andrea wollen noch einen weiteren Ausflug zu einem Wasserfall in der Nähe unternehmen und auf dem Rückweg ein paar frische Lebensmittel besorgen.

Andi und ich bleiben an Bord und installieren die neue Bilgenpumpe im Heck. Andi passt komplett in den Kasten hinein und kann von innen erkennen, wo das viele Wasser eindringt. Die Klappe muss komplett raus und neu eingedichtet werden, was wir auch noch erledigen. Eine weitere Inspektion ergibt, dass die Großschot ebenfalls schwer beschädigt ist, so können wir nicht segeln. Einer der Metallbügel an einem der Blöcke ist gebrochen und hat die Schot mit seinen scharfen Bruchkanten an mehreren Stellen eingeschnitten. Die Schot ist hin, einer der Blöcke ebenfalls. Zum Glück habe ich einen passenden Block dabei, auch wenn es nicht exakt derselbe ist, wird es gehen. Die neue in Puerto Plata erstandene Leine muss als neue Großschot herhalten. Leider ist zusätzlich eine Schraube am Travellerschlitten abgeschert, was wir mit Bordmitteln nicht reparieren können. Für den Rest der Etappe ist sanftes Segeln bzw. Segeln nur mit der Genua angesagt. Nach den Arbeiten wandere ich in der Marina herum, gegenüber liegt ein mir bisher unbekannter Katamaran. Zu meiner Überraschung ist es eine DEAN, aber eine 360, von denen DEAN etliche verkauft hat. Die Eigner, Lisa und Rick aus den USA, sind gerade dabei, das Schiff aus dem Winterschlaf zu holen.

Sabine, Andrea und Andreas kommen bald mit Einkaufstüten beladen zurück, der Wasserfall wird als Rafting-Attraktion von den Reiseveranstaltern der Hotels genutzt und nicht so ohne Weiteres für Normalmenschen besuchbar. Für unsere Zwecke ist das alles zu teuer und zu spektakulär, außerdem haben wir auf der Fahrt hierher unseren Anteil an unvorhergesehenen Duschen gehabt. Zum Abschluss unseres gemeinsamen Törns werden wir anderen 3 Mitsegler von den Klassens zum Abendessen eingeladen. Heute ist Tag der Unabhängigkeit und damit ein Feiertag. An der Straße sitzen alle möglichen Einheimischen und feiern mit lauter Musik, Grill und Getränken diesen Tag. Unser Stammrestaurant hat deswegen geschlossen, ein paar Meter weiter finden wir ein mexikanisches Restaurant, das ist eine schöne Abwechslung. Wie nebenan kosten die Drinks nur 100 bzw. 200 Pesos, da kann man sich den einen oder anderen schon gönnen. Satt und lustig kehren wir zu JABULO zurück. Andrea und Andi recherchieren im Internet, ob sie nicht auch ein paar Tage mit ins All-Incusive-Hotel gehen sollen, und finden tatsächlich noch 2 Zimmer für jeweils 3 Nächte in derselben Anlage wie die Klassens.

28. Februar, Mittwoch, Dom. Republik, Ocean World Marina

Sabine und Andreas packen ihre Sachen und reinigen ihren Wohnbereich. Ich arbeite derweil am Abschluss der gemeinsamen Bordkasse, ab heute geht alles nur noch durch drei Personen. Nach erfolgter Abrechnung verlässt die gesamte Crew das Schiff, ich bleibe für zwei Tage allein zurück. Ich kontrolliere alle unsere Bankkonten, insbesondere die Kreditkartenabrechnungen. Erstaunlicherweise erhalte ich auch beim Geldabheben in der DOM REP einen Umrechnungskurs, der praktisch identisch mit dem aktuellen Devisenkurs ist. Am Nachmittag schaue ich mir eine vierteilige Krimiserie an, zu essen gibt es genug, es sind noch Reste von gestern und vorgestern im Kühlschrank, die ich mir in der Mikrowelle nur aufwärmen muss.

01. März, Donnerstag, Dom. Republik, Ocean World Marina

Das Wetter wird immer besser, der Sturm hat nachgelassen, es regnet nicht mehr, am Freitagabend soll der Wind auf westliche Richtungen drehen. Ich schreibe den ganzen Tag an meinem Blog, ich bin mehr als 2 Wochen hintendran.

02. März, Freitag, Dom. Republik, Ocean World Marina

Der Blog ist immer noch nicht fertig, und die Bilder müssen auch noch verkleinert und hochgeladen werden, also sitze ich bis mittags wieder vor dem Computer. Ich melde unsere Abreise bei der Marina an und hole die letzte Ladung gewaschener Wäsche ab. Wenn wir heute noch Diesel bunkern wollen, müsste ich bis spätestens 15:00 Uhr an der Tankstelle sein, das werde ich nicht schaffen, bis dahin ist die Crew sicher noch nicht zurück. Immerhin, die Zollformalitäten kann ich heute erledigen, den Rest machen wir morgen früh. Es wird tatsächlich fast 18:00 Uhr, bis Andrea und Andi vom Hotel zurück kommen, fürs Ausklarieren ist es jetzt zu spät.

Sie haben anscheinend beide noch etwas Restalkohol im Blut und erzählen von ihren Erlebnissen in der Welt des Überflusses, ständig gibt es irgendwo was zu essen und zu trinken, sogar in den Zimmern sind individuelle Bars eingerichtet. Es sind überwiegend Kanadier in der Anlage, ein paar Deutsche sind auch dabei. Insgesamt sind sehr viele Menschen auf engem Raum zusammen, nach den einsamen Wochen auf den Bahamas müssen die Segler sich wieder auf so eine Massenabfertigung einstellen. Ich erkläre den morgigen Plan, wir wollen um 08:00 tanken fahren bezahlen und ausklarieren.

Hinterlasse einen Kommentar