KW 01, ab 01. Jan. 18

01. Januar, Montag Staniel Cay

Das neue Jahr beginnt mit strahlendem Sonnenschein, aber leider ohne Wind. Mit der Regatta wird es also nichts, während des Frühstücks sagt die Regattaleitung den Wettbewerb ab. Die Teilnehmer tauschen sich auf Kanal 72 aus, die meisten verabreden sich zu einem gemütlichen Vormittag in der sogenannten „Pirates Bay“. Diese liegt ein paar hundert Meter neben der „Schweinebucht“. Da wir sonst nichts zu tun haben, tuckern wir nach dem Frühstück mit Klein-Jabulo die 2 Meilen dorthin.

Großsegel setzen
Die Damen lassen das Dinghi zu Wasser

Die Pirates Bay ist ein kleines Stück Strand mit einer halbrunden mit Sträuchern und Bäumen bewachsenen Fläche dahinter.

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Pirates Bay, Karibik wie aus dem Bilderbuch

Rundum eingerahmt von Korallenfelsen, ist hier ein wirklich idyllischer Platz. Irgendwer hat einen Tresen und diverse Stühle und Liegen hier platziert, zwischen ein paar Bäumen hängt eine Sonnenschutzplane. Über dem Tresen ist allerlei Strandgut aufgehängt, was dem Ganzen einen gemütlichen Anstrich gibt. Mehrere Regattateilnehmer sind bereits vor Ort und wir sitzen alle zusammen im Kreis und erzählen Seemannsgarn. Für Sabine und Andreas ist es leider etwas langweilig, weil ihr Englisch für derartige Konversationen nicht ausreicht.

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Meilenweise Seemannsgarn wird hier gesponnen

Nach dem Mittag brechen nach und nach alle auf, wir treffen uns später noch einmal. Die Siegerehrung und das dazugehörige Essen finden natürlich trotzdem statt, Regatta hin oder her. Wir fahren schon etwas früher los und machen noch einen kleinen Spaziergang durch den Ort.

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Außer der gut gepflegten Kirche und einem neuen Anleger für Versorgungsschiffe sind alle Häuser mehr oder weniger baufällig bzw. vernachlässigt. Mehrere offensichtlich seit Jahren brach liegende Baustellen deuten darauf hin, dass der Insel das nötige Geld fehlt, aber wovon soll man hier auch reich werden?? Es gibt außer der Fischerei und dem Yacht Club keine Einkommensquelle. Langsam läuft die komplette Dinghi-Flotte der 12 Regattateilnehmer am Strand ein, die Siegerehrung beginnt mit den üblichen offiziellen Reden. Dann verteilt der Regattaleiter die vorbereiteten Geschenktaschen mit einer Flasche Rum und einem Rumkuchen an die Skipper. Die meisten Teilnehmer kommen seit Jahren hierher und kennen sich untereinander. Dann beginnt der gemütliche Teil, aus einem der Nachbarhäuser wird ein Stromkabel hergelegt, die Stereoanlage für die Reggaemusik läuft nicht von alleine. Das Essen ist aufgebaut und jeder erhält einen Teller gehäuft voll mit Fisch, Fleisch, Gemüse und Reis. Mittlerweile ist es dunkel, zum Glück geht kurz nach 18 Uhr der Vollmond über dem Hügel auf und erleuchtet die Szenerie. So sehen wir wenigstens, was wir essen.

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Die Bar des Yachtclubs

Unsere Damen wollen unbedingt noch einen Drink an der Bar nehmen, also verabschieden wir uns und wandern die paar Hundert Meter zum Yachtclub. Dort ist die Hölle los, es geht in Richtung Abendessen und die Gäste, die reserviert haben, nehmen erst noch einen Aperitif an der Bar. Kathrin besorgt uns zwei Pinacoladas für die Damen und zwei Rumpunsch für uns. Alle Getränke bestehen zum größten Teil aus Eis, insbesondere die Pinacoladas scheinen eine Art gemahlene Eismasse zu sein, die so kalt ist, dass man sie kaum trinken kann. Man muss sich hier eben Zeit lassen. Die Überfahrt mit dem Dinghi zurück zu JABULO ist wegen des hell leuchtenden Vollmondes kein Problem, heute haben wir auch das Ankerlicht beim Abfahren schon eingeschaltet, so können wir uns nicht verirren. Wir gehen ziemlich früh schlafen, morgen wollen wir in einem Rutsch nach Nassau zurück segeln.

02. Januar, Dienstag Staniel Cay => Nassau 65 nm

Um Punkt 07:00 lichten wir den Anker, gefrühstückt wird während der Fahrt. Den ganzen Tag über ist der Wind so schwach und kommt darüber hinaus noch genau von vorne, dass wir die gesamte Strecke motoren müssen. Der Wetterbericht hat für morgen und die nächsten Tage schlechtes Wetter angekündigt, also macht es keinen Sinn, irgendwo zu ankern und abzuwarten. Ich beschließe durchzufahren, auch wenn es spät wird. Am frühen Abend gibt es unterwegs Spaghetti mit Tomatensauce. Da die Strecke über 60 Meilen beträgt und ich abwechselnd mit dem einen oder anderen Motor mit 4 Knoten fahre, kommen wir erst gegen 23:00 Uhr bei den Porgee Rocks an, genau jetzt sorgt ein herannahendes Gewitter für Windböen und unruhige See. Wir werden deshalb nicht in die Marina einlaufen, sondern vor Athol Island ankern. Von dort sind es nur noch 5 Meilen bis Nassau, das letzte Stück fahren wir morgen früh. Der erste Ankerversuch bringt uns zu nah ans Ufer, wir ziehen ihn wieder hoch und fahren weiter raus, leider regnet es jetzt und die Crew auf dem Vordeck wird nass bei der Aktion. Wegen des Gewitters schaukelt es während der Nacht ein wenig, aber alle schlafen prima.

03. Januar, Mittwoch Nassau

Weil wir gestern erst weit nach Mitternacht ins Bett gekommen sind, gibt es erst nach 10:00 Uhr Frühstück. Ich schaue immer wieder nach dem Wetter, der erste Regenschauer lässt nicht lange auf sich warten. Um 11:00 Uhr scheuche ich die müde Crew vom Tisch auf, wir müssen in die sichere Marina, bevor es wirklich losgeht mit dem angekündigten Starkwind. Ziemlich genau mittags liegen wir im Nassau Harbour Club an demselben Liegeplatz wie vor Weihnachten fest vertäut. Hier werden wir bis zum 10. Januar bleiben. Dann geht es mit zwei weiteren Crewmitgliedern weiter.

Seit unserem Aufbruch aus Nassau vor Weihnachten haben wir keinerlei brauchbare Einkaufsmöglichkeiten mehr gehabt und unsere Vorräte gehen langsam zur Neige.  Die Crew macht sich auf zum direkt vor dem Yacht Club liegenden Supermarkt. Als sie zurück kehrt, bringt sie alles mit, was gut und teuer ist: Gegrilltes Hähnchen, Thunfischsalat, Krebssalat und Baguette. Auch wenn es erst Nachmittag ist, gibt es ein opulentes Festmahl. Der Wind frischt immer mehr auf, wir haben 25 bis 30 Knoten hier im Hafen. Dazu kommen starke Regenschauer, zum Glück liegen wir mit dem Bug genau im Wind und das Achterdeck bleibt einigermaßen trocken, aber zum Draußensitzen ist das Wetter zu schlecht. Wir verbringen den Abend deshalb vor dem Fernseher und sehen uns den in den Bahamas spielenden James Bond Film Feuerball (Thunderbolt) an.

04. Januar, Donnerstag Nassau

Auch wenn das Wetter nicht unbedingt super ist, wollen wir heute ein wenig von Nassau sehen. Am frühen Nachmittag machen wir uns zu Fuß auf in Richtung DownTown. Wir müssen dorthin einfach nur am Ufer entlang laufen. Die erste Sehenswürdigkeit, wenn man das so nennen will, sind diverse Snackbars und Kleinrestaurants unterhalb der nach Paradise Island führenden Brücke.

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Fastfood unter der Brücke

Beidseitig stehen etliche Bretterbuden, die die unterschiedlichsten Gerichte anbieten, meist Conch und Fisch. Jetzt am Nachmittag sind die meisten noch geschlossen. Anscheinend gibt es hier keinen Stromanschluss, vor fast jeder Kneipe dröhnt ein Generator. Im flachen Wasser beidseitig der Brücke liegen mehrere Schiffs- oder Bootwracks herum, die seit Jahren nicht mehr schwimmfähig sind.

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Die sind nicht mehr zu retten

Dann marschieren wir weiter, immer am Ufer entlang, vorbei an einem Football-Stadium und dann an etlichen vernagelten oder sonst wie geschlossenen ehemaligen Büro- oder Ladengebäuden entlang.

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Erst als wir uns dem Anleger der Kreuzfahrtschiffe bis auf Gehentfernung eines amerikanischen Kreuzfahrtpassagiers, also 200-300 m, nähern, sieht die Stadt belebt aus. Hier drängeln sich die internationalen Uhren- und Juwelier-Geschäfte wie Cartier, Breitling, TAG-Heuer usw. Die großen Modelabel sind auch alle vertreten. Heute liegen vier Kreuzfahrtriesen am Kai, das macht locker 10.000 Besucher, die sich durch die wenigen schmalen Gassen am Hafen und den berühmten Straw-Market drängeln.

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Aich so kann man die Bahmas besuchen

Offensichtlich sehen auch wir wie Kreuzfahrer aus, wir können kaum einen Meter laufen, ohne dass uns irgendetwas, natürlich zum Schnäppchenpreis, angeboten wird. In diesem Viertel sind Reste der britischen Kolonialherrschaft zu finden, alte Regierungsgebäude, ein Hotel, aber der Glanz der alten Zeiten ist verschwunden. Noch stehen vereinzelt Weihnachtsbäume und Weihnachtsschmuck herum.

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Weihnachten ist zwar schon vorbei, aber……

Was ich vermisse, ist eine gemütliche Kneipe oder ein Cafe, in dem wir uns ein wenig hinsetzen können, aber die wenigen Gelegenheiten sind nicht wirklich einladend, zu amerikanisch. Schließlich finden wir im Obergeschoss eines Andenkenladens eine Art Eisdiele und beobachten das Treiben auf der Straße von oben mit einem Eis in der Hand. Ich will sehen, wie es in den Nebenstraßen aussieht und wir machen uns in einer Parallelstraße auf den Rückweg. Hier befinden sich Banken, Behörden, Notariate, Konsulate und Botschaften, alles was man braucht um eine Firma auf den Bahamas zu gründen. Nach dem Ende der Finanzmeile wird es schnell wieder drittweltmäßig, wir gehen wieder runter zur Uferstraße. Kathrin will dort bei einer auf dem Hinweg entdeckten Bäckerei für Rumkuchen ein paar Exemplare als Mitbringsel kaufen. Der Rückweg zur Marina ist elend lang und wir halten an einer Bushaltestelle eine der vielen Linien-Kleinbusse an, der uns für zusammen 5 Dollar bis kurz vor die Marina fährt.

Kathrin fliegt morgen nach Hause, ich kontaktiere den Wachmann der Marina, damit er ihr ein Taxi für morgen früh organisiert. Jeder kennt hier jemanden, der Taxi fährt. Und 10 Minuten später ist alles organisiert, morgen früh um 11:00 kommt das Taxi. Schon bei der Abreise meiner vorigen Crew hat das prima geklappt, die Taxis sind überpünktlich zur Stelle gewesen. Gegen Abend wird das Wetter wieder schlechter, es beginnt zu regnen und wir haben keine Lust mehr auf einen weiteren Stadtausflug fürs Abendessen. Deshalb gibt es die Reste der Delikatessen von gestern.

05. – 07. Januar, Freitag –Sonntag Nassau

Heute ist Abschiedstag, Kathrin packt ihre Sachen zusammen. Die Rumkuchen, ihre wenigen und ein paar überflüssige Sachen von mir passen in meinen Handgepäckkoffer und der wiederum passt genau in meinen größeren Reisekoffer, der hier an Bord nur Platz wegnimmt. 10 Minuten vor der verabredeten Zeit ist der Taxifahrer schon da, der Abschied fällt wie damals in unser ersten längeren Trennungszeit aufgrund meiner Arbeit in Französisch-Guayana schwer. Es sind zum Glück nur knapp 3 Monate, bis wir uns in den Osterferien auf Guadeloupe wiedersehen werden. Von unterwegs erhalte ich mehrere SMS, dass das Einchecken und das Umsteigen in den USA geklappt hat. Interessanterweise muss Kathrin in den USA nicht erneut per ESTA einklarieren.

Wir sind jetzt zu dritt. Bei dem andauernden schlechten Wetter haben wir keine Lust auf größere Unternehmungen und verbringen die Tage mit Lesen, Musikhören, Blogschreiben, Diskutieren und ein paar kleineren Einkäufen. Am ersten Abend sehen wir uns den alten Film: Der Skipper mit Jürgen Prochnow an. Darin wird die wahre Geschichte einer Yacht erzählt, die in den siebziger Jahren völlig intakt, aber ohne Besatzung auf Barbados angetrieben ist. Aus dem Logbuch wurde die Geschichte bis auf die letzten fehlenden Tage rekonstruiert. Der Skipper hat in Gibraltar zwei Tänzerinnen mit an Bord genommen und während der Fahrt ist es in diesem Dreiecksverhältnis zu Spannungen gekommen, die anscheinend tödlich geendet haben. Und weil wir gerade bei den Schauergeschichten sind, gucken wir anschließend noch die ZDF Verfilmung der mit einem Mord auf den Marquesas endenden Weltumsegelung von Heike Dorsch und Stefan Ramin. Stefan wurde dort unter immer noch nicht ganz geklärten Umständen von einem Einheimischen ermordet. Der Fall wurde seinerzeit von der Presse aufgebauscht, es war sogar von Kannibalismus die Rede. Die Geschichte hat dem Tourismus in den Marquesas schwer geschadet.

Ansonsten passiert während der Tage in der Marina wenig. Alle Plätze sind belegt, wegen des schlechten Wetters bleiben diverse Amerikaner mit ihren Yachten hier liegen, obwohl sie eigentlich zurück nach Florida müssten. Hin und wieder können wir mehr oder weniger schlaue Anlegemanöver beobachten, ansonsten tut sich nicht viel. Das Wetter wechselt von Gewitter zu Sonnenschein, der Wind bleibt aber konstant stark mit um die 25 Knoten von Osten. Am zweiten Abend sehen wir uns die fünfteilige Dokumentation über die Seacloud an, das älteste und exklusivste Kreuzfahrtsegelschiff der Welt an. Das wäre Andreas’ Traum, hier einmal mitzusegeln.

Am dritten Tag fülle ich das Öl in den Saildrives nach und kontrolliere das Motoröl. Dann räume ich alle Überflüssige aus den Achterkabinen aus und bereite sie für unsere neuen Gäste vor, die am Montag, dem 8. Januar eintreffen werden. Sabine und Andreas haben bei einem Spaziergang ganz in der Nähe ein Chinarestaurant ausgemacht, dort gehen wir heute Abend essen. Chinarestaurants sind anscheinend überall auf der Welt gleich, es gibt eine durchnummerierte riesige Speisekarte, aufgeteilt nach Mittagstisch und Abendessen. Die Gerichte werden aufgelistet nach Fleischsorten, ganz wie bei uns zu Hause.

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Beim Chinesen, fast wie zu Hause

Und, ganz wichtig, auch hier ist das Essen reichhaltig, gut schmeckend und dennoch preiswert. Ein Hamburger kostet in einem hiesigen Restaurant genauso viel. Im Unterschied zu Deutschland gibt es hier Cocktails auf der Getränkekarte, wir bestellen uns jeder einen natürlich mit Rum zubereiteten lokalen Drink.

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