KW 36, ab 04. Sept.

04. September, Montag Newport nach New London 41 nm

Unser Dinghi-Kran ist immer noch verklemmt, wir können es nicht an Bord hieven. Also bleibt uns nur die Lösung, die auch viele andere Segler anwenden. Das Beiboot wird hinterher geschleppt. Ich nehme eine der gebrauchten alten Schoten und befestige sie mit einem Schäkel an der stabilen Zugöse des Aluminiumrumpfes. Der Motor wird mit einer Leine abgesichert, parallel zur Schleppleine befestige ich eine weitere Sicherungsleine. Um das Boot in der Spur zu halten, verlegen wir das Zugseil als Dreieck an den beiden Klampen der Heckstufen. Solange wir im ruhigen Hafenwasser sind, liegt das Dinghi schön ruhig. Sobald wir aber ins offene Wasser kommen, haben wir es mit Wellen von einem Meter und mehr zu tun. Klein-JABULO springt erbärmlich über die Kämme, beim Aufschlagen auf das Wasser klatscht es gewaltig. Generell verursacht das Schleppen einen enormen Krach. Als Techniker empfinde ich die Schläge fast körperlich. Das gesamte Boot und natürlich der Motor werden permanent von Spritzwasser überschüttet. Vor der Einfahrt in den Long Island Sound läuft eine Einrumpfyacht parallel zu uns, die ebenfalls das Beiboot hinterher schleppt. Ich beobachte, wie auch dieses trotz einer sehr viel längeren Leine im Kielwasser tanzt. Das ist keine Dauerlösung, wir müssen den Kran wieder gängig machen.

Nach ca. 30 Meilen unter Segeln hoch am Wind mit Motorunterstützung laufen wir nördlich von Fishers Island in das geschützte und hoffentlich etwas ruhigere Wasser vor der Festlandsküste ein. Mittlerweile haben wir wieder 15 Knoten Wind unter 30° von vorne, das macht in Böen bis zu 25 kn scheinbarer Wind. Ich überlege zu reffen, als plötzlich die Steuerbordschraube anfängt zu schütteln. Wir haben uns wieder mal eine Fischerboje eingefangen. Wir müssen in den nächsten Hafen, bei dem Wind und Wellengang hier draußen kann niemand unter das Schiff tauchen, das wäre zu gefährlich. Der nächste Hafen ist New London.

Um kurz nach fünf lassen wir dort den Anker fallen. Außer uns sind noch eine andere Segel- und eine Motoryacht in dem riesigen Ankerfeld, dann liegen noch 2 kleinere Boote an Moorings. Irgendwie ist das komisch, wieso ist hier keiner?? Egal, wir müssen die eingefangene Boje losschneiden. Lukas geht als erster ins kalte Wasser, ihm bleibt aber so die Luft weg, dass er aufgibt. Thilo versucht dann sein Glück, und genau jenes hat er, die Boje lässt sich in einem einzigen Tauchgang rausziehen, sie war nur lose um die Schraube gewickelt. Zum Glück haben wir nach der langen Motorlaufzeit für die beiden genug heißes Wasser für eine ausgiebige Dusche zum Aufwärmen.

Während Laura einen Zucchini-Auflauf bereitet und in den Backofen schiebt, beobachte ich, wie ein Coast Guard Boot mit rotem Blinklicht nacheinander zu den beiden anderen vor Anker liegenden Schiffen fährt. Nach jeweils ein paar Minuten folgen sie der Coast Guard in das nächst gelegene Hafenbecken. Wir sind jetzt völlig alleine im Ankerfeld. Am gegenüber liegenden Ufer befinden sich gewaltige mit Zäunen gesicherte Fabrikanlagen. Hier werden die U-Boote der US Marine hergestellt, darf man hier doch nicht liegen?? Aber es passiert  nichts weiter, von uns will niemand was wissen. Wir verbringen eine ruhige Nacht.

05. September, Dienstag New London nach New Haven 48 nm

Auch wenn wir Strecke machen müssen, lassen wir uns Zeit zum Frühstücken. Ich versuche noch mal, den Dinghi-Kran zu bewegen, aber der ist bombenfest verklemmt. Leider geht der Unterliekstrecker deswegen auch nicht, was fürs Segeln hart am Wind nicht gerade ideal ist. Ausgerechnet heute haben wir stark wechselnde Winde mit bis zu 20 kn aus südwestlichen Richtungen und Wellen bis zu 2 m, wir müssen dauernd an den Segeln arbeiten. Klein-JABULO macht so gewaltige Bocksprünge, dass ich Angst um den Motor bekomme. Unseren Sollkurs können wir nicht anliegen, immer wieder sind Holeschläge nach Süden erforderlich. Erst auf dem letzten Stück vor der Einfahrt nach New Haven geht es richtig flott voran, 8 kn hoch an einem warmen Wind. Am Ende des Tages haben wir zwar 48 Seemeilen auf der Logge, sind aber wesentlich weniger echt voran gekommen.

Die Einfahrt nach New Haven wird durch 2 riesige Wellenbrecher geschützt, die rechtwinklig zueinander schräg in die Bucht gesetzt wurden. Dahinter ist schlagartig Schluss mit den Wellen. Da wir nicht an Land gehen wollen, fahren wir zum ersten möglichen geschützten Ankerplatz, der findet sich nur eine halbe Meile nach den Wellenbrechern gleich auf der östlichen Seite der Bucht. Hier liegen etliche kleinere Yachten an Mooringtonnen auf nur wenigen Metern Tiefe, aber der Katamaran kann mit seinem geringen Tiefgang auch dorthin kommen. Wir genießen die Ruhe und die schöne Aussicht. Laura bereitet einen Kartoffelgratin vor, als plötzlich Schluss ist mit der Ruhe. Auf einer nur ein paar Hundert Meter entfernten Hotelterrasse nimmt eine Open-Air Disco ihre Arbeit auf. Wir bekommen die Musik zwar gratis, können sie dafür aber auch nicht abstellen oder leiser drehen.

Lukas hat mittlerweile übers Internet festgestellt, dass wir direkt vor einem zur altehrwürdigen Universität Yale gehörigen Gebäude ankern. Damit haben wir jetzt Harvard, MIT und Yale hinter uns, es fehlt noch das berühmte Caltech, California Technology Institute, dann haben wir alle führenden Unis der USA zumindest gesehen. Die Disco hämmert im Minutentakt diverse Hits der 50-iger und 60-iger Jahre, mit immer dem gleichen Grundbeat unterlegt, übers Wasser. Als es dunkel wird, geht ein gelber, riesiger Vollmond direkt vor uns über dem Ufer auf, das Essen kommt auf den Tisch. Leider ist die Leistung des Backofens wie für Pizza, so auch für Gratins etwas schwach, die Kartoffeln sind trotz langen Überbackens immer noch nicht durch. Laura ist derartig enttäuscht vom Ergebnis, dass sie für den Rest des Abends ihre schlechte Laune nicht mehr ablegen kann. Wir anderen stören uns nicht an den „Kartoffeln al dente“ und lassen es uns trotzdem schmecken. Um neun Uhr stellt die Disco den Betrieb ein und es herrscht Ruhe.

06. September, Mittwoch New Haven nach Port Washington 50 nm

Vor dem Ablegen probiere ich noch mal, den Kran frei zu bekommen. Ich klettere aufs Bimini und ziehe mit aller Kraft am Unterliekstrecker, der sich tatsächlich wieder um ein Stück nach achtern rausholen lässt. Dabei kommt der Kran auch ein Stückchen mit. Mit der Winsch kann ich ihn soweit ausfahren, dass wir das Dinghi mit kräftigem Gegenhalten wieder an Deck hieven können. Das Schleppen hat ein vorläufiges Ende.

Nachdem sich gestern Abend der Wind bei fallendem Barometer schon gelegt hat, kommt heute das Tief heran. Wir haben sehr schwachen Wind mit ein wenig Nieselregen und motoren mit Unterstützung durch den Gezeitenstrom auf geradem Wege die letzten 50 Meilen bis nach Port Washington, wo wir an einer der städtischen Mooringtonnen festmachen. Hier werden wir ein paar Tage bleiben und New York erkunden. Laura, Lukas und Thilo fahren mit dem Dinghi die nötigsten Dinge einkaufen, ein riesiger „Stop and Shop“ Supermarkt liegt direkt an einem der Dinghi-Anlegestege, sehr praktisch.

07. September, Donnerstag Port Washington

Die städtische Marina von Port Washington bietet für Durchreisende kostenloses Liegen an der Mooringtonne für die ersten 2 Tage, danach kostet es 25 $ pro Tag. Darin ist die Benutzung des Hafentaxis enthalten. Man ruft das Taxi über Kanal 09 und innerhalb von 5-15 Minuten wird man abgeholt. Am Steg gibt es ein kostenloses offenes WLAN, das allerdings nur eine bescheidene Leistung hat. Das mit dem Taxi ist ein super Service, alle Crew-Mitglieder können unabhängig voneinander an Land gehen und zurück kommen, leider abends nur bis 21:45.

Heute ist Ruhetag, was nicht unbedingt Ruhe bedeutet, sondern nur besagt, dass wir noch nicht nach New York fahren. Nach dem Frühstück wird Klarschiff gemacht. Überall wird geputzt, gefegt, gestaubsaugt und abgewischt, dass jede schwäbische Hausfrau stolz wäre. Dann werden die Stadtbesuche geplant, Lukas organisiert einen Leihwagen für den Samstag, um Freunde in New Jersey zu besuchen. Thilo geht nach der Putzaktion allein nach New York und evaluiert alle Varianten für seine Weiterreise nach Memphis, Flug, Leihwagen, Bus und Zug. Letztlich bucht er einen Flug von New York nach Memphis am Mittwoch nächster Woche, damit steht fest, wir fahren am Dienstag durch New York.

Dann nutze ich die Zeit zur Kontrolle der Ölstände, Spannen der Keilriemen und für andere kleine Wartungsarbeiten. Unter anderem gehe ich wieder an den Dinghi-Kran, so halb ausgefahren kann man zwar das Beiboot bedienen, aber das Unterliek läst sich nach wie vor nicht spannen. Ich belege die Kranleine auf einer der Winschen und ziehe mit der anderen den Unterliekstrecker richtig fest an. Plötzlich schnappt etwas im Baum und siehe da, der Strecker ist frei und auch der Kran ist wieder normal beweglich. Nochmal Glück gehabt, ich hatte schon befürchtet, wir müssten den Baum komplett abbauen und in einer Werkstatt alles auseinander nehmen.

Am Nachmittag räume ich alle meine Sachen in die Achterkabine und bereite die Vorderkabine für die neuen Crew-Mitglieder vor. Dann klingelt das Telefon, Anita und Rafael sind am Town-Dock. Ich fahre Lukas und Laura mit dem Dinghi zum Supermarkt, um anschließend Anita und Rafael abzuholen. Auf halbem Wege dorthin stirbt der Sch…. Außenbordmotor wieder ab, ich muss die letzten paar hundert Meter rudern. Das Hafentaxi nimmt uns in Schlepp und bringt uns zu JABULO. Wir machen uns miteinander bekannt, Anita lehnt es entschieden ab, dass ich meine „Eignerkabine“ für sie freimache. Also räumen wir alles zurück, Anita und Rafael richten sich zu zweit in der Achterkabine ein. Anita ist Ärztin und besitzt sowohl die amerikanische wie auch die deutsche Staatsbürgerschaft, sie hat einige Jahre in New York gelebt. Rafael war Ingenieur bei Ford, beide sind seit kurzem Rentner und wollen jetzt was von der Welt sehen.

Nebenbei hole ich das Beiboot an Deck und zerlege den Vergaser, danach funktioniert der Motor wieder korrekt. Ein kurzer Einkaufstrip mit Anita und Rafael wird dennoch mithilfe des Hafentaxis durchgeführt, das ist viel bequemer. Zurück auf JABULO setze ich einen Pizzateig an, leider etwas spät, es wird fast 21:00 Uhr bis die erste Pizza fertig ist. Es gibt drei Bleche vegetarische Pizza und eine Variante mit Thunfisch, da weder Schinken noch Salami an Bord sind.

08. September, Freitag Port Washington

Thilo, Laura und Lukas machen sich auf den Weg nach New York. Vom Town-Dock muss man 20 Minuten zur Long Island Railroad laufen. Die fährt im Halbstundentakt für 25 $ (hin und zurück) nach Manhattan zur Pennsylvania Station. Um die billigeren Fahrkarten außerhalb der Stoßzeiten zu nutzen, können sie sich ein wenig Zeit lassen und setzen mit dem Hafentaxi erst um 09:00 Uhr über.

Anita, Rafael und ich bleiben an Bord, die beiden müssen zuerst mal den Jetlag ausschlafen. Dann bestellen wir uns ein Hafentaxi und gehen an Land frühstücken in einem türkischen Restaurant, wo ich mir Baklava und einen echten Espresso gönne. Dort gibt es freies WLAN und ich aktualisiere meine Mails, die Webseite und Hand-Gegen-Koje. Beim Stop and Shop besorgen wir Dinge, die die Neuankömmlinge auf dem Speiseplan haben möchten. Zurück auf JABULO gibt es Bloody Marys und andere Drinks, die beiden haben völlig andere Ansprüche als die bisherigen Crews.

Wir führen Smalltalk bis zum späten Nachmittag und lassen uns so gegen 18:00 Uhr vom Watertaxi zu einem der Restaurants bringen, das über einen eigenen Bootssteg verfügt. Dort ist die Hölle los, auf der Terrasse stehen massenhaft Leute mit Gläsern in der Hand herum wie bei einem Stehempfang. Wir bekommen einen Tisch zugewiesen, wie es in den USA allgemein üblich ist. Wir bestellen alle drei ein Steak, das sich weit von dem unterscheidet, was ich erwartet hatte. Erstens ist es sehr klein und zweitens schon in kleine Scheiben geschnitten. Dazu gibt es Pommes. Nach dem Essen lassen wir uns zurück auf den Katamaran bringen. Die anderen kommen mit dem allerletzten Hafentaxi um kurz vor zehn Uhr zurück und sind richtig müde vom vielen Herumwandern.

09. September, Samstag Port Washington

Heute wollen wir alle in die Stadt. Lukas und Laura wollen Freunde besuchen, Thilo ebenso. Ich will dann auf eigene Faust die Stadt erkunden. Da die Anreise insgesamt fast 2 Stunden dauert, wollen wir so früh wie möglich mit dem Dinghi an Land fahren. Wieder streikt der Außenbordmotor, wir müssen warten, bis um 08:00 Uhr das Hafentaxi den Dienst aufnimmt. Ich beschließe, den Stadtbesuch zu verschieben und an Bord zu bleiben um den Motor zu reparieren. Ohne Außenborder müssen wir in Zukunft immer in die teuren Marinas, das geht gar nicht. Thilo bleibt netterweise auch, die anderen machen sich auf nach New York.

Wir zerlegen den Vergaser und das gesamte Kraftstoffsystem und reinigen jeden Kanal mit Druckluft aus dem Dinghi-Blasebalg. Um Verschmutzungen auszuschließen, saugen wir das Benzin direkt aus dem Reservekanister, der Motor springt an, stirbt aber immer wieder ab. Während der Vergaserreinigung kommt ein Boot der Polizei angefahren, die Herren kontrollieren unsere Ausweise und die Schiffspapiere, es ist alles in Ordnung. Wir basteln weiter und müssen letztendlich aufgeben, es kommt einfach nicht genug Benzin nach. Ich beschließe, am Montag bei Defender einen neuen Motor zu kaufen, das ist zwar eine Fahrt von 3 Stunden in jede Richtung, aber wir brauchen einen zuverlässigen Motor.

Wenn schon keine Vegetarier an Bord sind, wollen Thilo und ich das ausnutzen und grillen. Mit dem Hafentaxi fahren wir zum Supermarkt und besorgen uns ein riesiges Steak, das uns perfekt gelingt und super schmeckt. Wir sind noch beim Essen, als Anita und Rafael wieder kommen, wenig später schaffen es Lukas und Laura mit dem allerletzten Hafentaxi um kurz vor zehn Uhr auch noch.

Als wir jetzt alle beisammen sitzen, erfüllt sich leider meine bereits aus dem vorher gegangenen Schriftwechsel entstandene Vorahnung, dass es mit Anita und Rafael zu atmosphärischen Unstimmigkeiten führen könnte. Die Einzelheiten tun hier  nichts zur Sache, das ist unsere Privatangelegenheit. Der Abend endet im Eklat mit der Ankündigung von Anita und Rafael, morgen abzumustern und das Schiff zu verlassen.

10. September, Sonntag Port Washington

Laura und Lukas machen heute frei und bleiben an Bord, Einkaufen ist die einzige Aufgabe, die sie sich vorgenommen haben. Mit dem ersten Hafentaxi fahre ich mit Thilo, Anita und Rafael an Land, wo sich unsere Wege trennen. Thilo und ich marschieren zum Bahnhof und ab geht es in die größte Stadt der USA. An der Penn-Station kommen wir wieder ans Tageslicht, das erste Ziel ist der Times Square an der Kreuzung Broadway  und Seventh Avenue, dorthin kann man locker laufen. Er ist nach dem von der Zeitung New York Times benutzten Gebäude T.S.1 benannt. Er bildet das Zentrum des als Broadway bezeichneten Theaterviertels von Manhattan. In den 1930er Jahren wurde der Times Square offiziell in zwei Abschnitte unterteilt. Das südliche Ende behielt den Namen Times Square und das nördliche Ende wurde in Duffy Square umbenannt. Vor dem Denkmal des Kaplans Francis P. Duffy vom 69. Infanterie-Regiment sitzen Hunderte von Leuten auf einer Art Tribüne und amüsieren sich über einen Kleinkünstler, der so eine Art Publikumsbeschimpfung zum Besten gibt. Wir machen die obligatorischen Fotos, vergessen dabei nicht die riesigen Leuchttafeln, die den Platz nahezu vollständig umringen.

Als nächstes haben wir das UN-Gebäude auf unserer Liste. Auch dorthin gehen wir zu Fuß, vorbei an den diversen Bankhäusern Morgan-Stanley, HSBC, Chase Manhattan usw. Von unten aus den Häuserschluchten heraus ist es kaum möglich, Bilder davon zu machen, solche Weitwinkelobjektive gibt es gar nicht, wie man sie hierfür bräuchte. Auf halbem Wege pausieren wir in einem kleinen Starbucks-Cafe, bei Starbucks gibt es immer gutes Internet. Thilo will noch seinen Leihwagen für Memphis buchen, es muss unbedingt ein Ford Mustang oder eine Corvette sein, und ich will einen Dinghi-Motor bei Defender reservieren. Nach der Stärkung und Erledigung unserer Einkäufe sind wir nach 10 Minuten am westlichen Ufer von Manhattan, wo das UN-Gebäude liegt. Wir besorgen uns Besucherpässe und dürfen nach einer Sicherheitskontrolle wie am Flughafen eintreten. Weil heute Sonntag ist, finden keine geführten Besichtigungen statt. Damit können wir leider den Saal der Vollversammlung nicht sehen, nur einen anderen darunter liegenden, ebenfalls imposanten Sitzungssaal. Rund um den Saal ist die Entstehungsgeschichte des Gebäudes in Form einer Fotoausstellung zu sehen, alle bisherigen Generalsekretäre blicken aus Porträts ernst auf die Besucher. Hinter Glas hängt die aus Bagdad während des Irak-Krieges beschädigte und gerettete UN-Flagge, draußen auf dem Vorplatz ist der berühmte Revolver mit dem Knoten im Lauf ausgestellt. Ansonsten gibt es nicht viel mehr zu sehen, vom westlichen Terrassenrand aus hat man allerdings einen wunderbaren Blick auf den East River und Long Island. Der East River ist viel breiter als ich angenommen habe, wir werden dort problemlos durchfahren können.

Kaum sind wir wieder draußen auf der Straße, kommt von Süden ein Riesenaufgebot an Polizei mit Blaulicht und Sirenengeheul angefahren, alle Seitenstraßen werden abgesperrt. Nanu, kommt Donald Trump seine Melania besuchen, die ein paar Häuser weiter wohnt?? Hinter den Polizeiwagen tauchen aber keine Limousinen, sondern Tausende von Harleys auf, sämtliche Motorradfahrer der Region haben sich zum 9/11 Memorial Run getroffen. Alle haben ihre Nummernschilder abgeklebt, damit niemand identifizierbar ist. Der Motorenlärm ist ungeheuer, kaum eine Maschine scheint über einen Schalldämpfer zu verfügen. Sowohl die Harleys wie ihre Fahrer und Beifahrer sehen genauso aus wie man es aus den Rockerfilmen kennt, Stahlhelme, Lederkappen, Tattoos, ZZ-Top Bärte, Lederbikinis, alles ist vertreten. Die Kavalkade dauert bestimmt 10 Minuten, danach ist der normale Verkehr praktisch zum Erliegen gekommen.

Wir wollen auf den One World Tower, das erste fertige Gebäude auf dem Platz der Twin Towers. Das ist zu weit zum Laufen, per Metro dauert es auch noch ca. 20 Minuten, bis wir dort sind. Am Ground Zero hat man neben den zwei Gedenk-Wasserbecken für die Touristen ein Museum hingesetzt, auf dem Gesamtgelände geht es zu wie auf einem Jahrmarkt, alles ist voller Menschen. Wir stellen uns in die lange Warteschlange vor dem One World Tower, nach einer halben Stunde sind wir dran. 34 Dollar kostet der Spaß, aber es lohnt sich wirklich. Der Aufzug bringt uns in unter einer Minute auf die ca. 400 Meter hohe Besucheretage. Im Fahrstuhl läuft auf allen vier Seiten eine Videoshow ab, die im Zeitraffer die Entstehung New Yorks darstellt. Nach einer bombastischen Video-Einführung dürfen die Besucher dann endlich in die Aussichtsetage, von der man einen fantastischen Rundumblick über New York und Umgebung hat. Zum Glück haben wir heute ganz klare Luft, deshalb schießen wir eine Stunde lang Videos und Bilder von allen Seiten. Wer nach New York kommt, sollte sich diesen Ausflug auf jeden Fall gönnen.

Als wir unten wieder ins Freie treten, ist es schon fast sechs Uhr abends, wir essen noch ein Sandwich, dann geht es zurück mit Metro und Long Island Railroad nach Port Washington. Der letzte Kilometer vom Bahnhof zum Hafen wird uns lang, wir haben schon einiges abgelaufen heute. Zurück an Bord besprechen wir noch den morgigen Tag, dann gehen alle einigermaßen früh schlafen.

 

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