KW 31, ab 31. Juli

31. Juli, Montag Halifax

Heute ist der letzte Tag der „Tall Ship“ – Parade. Ab 11:00 bis 16:00 kann man die Schiffe besichtigen. Ich fahre mit dem Bus zur „Waterfront“, leider ist auch heute am Montag ein riesiger Andrang. Vor den Schiffen haben sich lange Schlangen gebildet, aber ich habe ja Zeit. Den Anfang macht die „Alexander von Humboldt“, das größte der versammelten Schiffe. Man kann leider nur einmal auf Deck rund um das Schiff laufen, unter Deck, wo es interessant wäre, dürfen die Besucher nicht.

Danach gehe ich auf das gegenüber liegende Vorzeigesegelschiff der kanadischen Marine, die Oriole, eine flach gebaute sehr schnittige Yacht mit fast keinen Decksauf-bauten. Alles ist aus Holz, das Schiff dient heute nur noch repräsentativen Zwecken. Dann geht es weiter zur „Bluenose“ dem ganzen maritimen Stolz Kanadas. Die aktuelle Bluenose ist eine Replika, die nach dem Krieg gebaut wurde, sie hat praktisch alle Regatten gewonnen, an denen sie teilgenommen hat und ist auch heute noch einer der schnellsten Segler überhaupt. Besonders beeindruckend ist der aus einem einzigen Baumstamm gefertigte über 20 m lange Großbaum, der weit hinter das Heck hinaus reicht. Er hält das riesige Gaffelsegel, das mit hölzernen Gleitringen anstelle der heute üblichen Mastrutscher am Hauptmast empor gezogen wird.

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Die Warteschlange vor der spanischen Galeone ist so lang, dass ich auf den Besuch verzichte. Insbesondere Familien mit Kindern stehen hierfür an, denn sie sieht aus wie die Piratenschiffe in den Hollywoodfilmen. Alle Kinder wollen unbedingt auf dieses „Pirate Ship“. Im nächsten Hafenbecken liegen einige moderne Yachten um die 20 m Länge, die sich für die kommende Wettfahrt nach Frankreich rüsten.

Ein einziger Katamaran ist vertreten und zwar ein ganz besonderer. Schon von außen zieht er alle Blicke auf sich, denn er sieht aus wie ein Raumschiff. Raum hat er wahr-haftig, denn er ist speziell für einen Rollstuhlfahrer konstruiert und gebaut worden. Rund um das Deckshaus herum gibt es einen umlaufenden Gang in Rollstuhlbreite, Achterdeck, Salon, Kombüse und Steuerstand befinden sich mit diesem Gang auf einer Ebene. Vom Salon aus kann man links und rechts über Treppen nach unten in die Rümpfe steigen. Der Clou ist aber, dass diese Treppen sich in die Horizontale hochklappen lassen und dann als Rollstuhllifte fungieren. Einmal unten angekommen, kann man mit dem Rollstuhl in die Kabinen und Nasszellen fahren. Der Bedienstand hat eine runde Kuppel nach vorne, die aussieht wie die Kuppeln der Tauchboote in den James Bond Filmen. Alle Leinen können von innen mit Elektrowinschen bedient werden und zwar in beide Richtungen. Das Boot hat ein behinderter Engländer für sich bauen lassen und dafür stolze sieben Millionen EUR hingelegt. Als ich mich als Katamaran-segler oute, werde ich spontan zum abendlichen Empfang eingeladen. Mehr Informationen gibt es unter http://www.impossibledream.us

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Inzwischen hat das Musikprogramm auf der Hauptbühne begonnen, als erste Band tritt eine Gruppe von jungen Leuten aus Halifax auf, die eine Art Folkrock darbieten. Die meisten Lieder könnten ebenso gut aus Schottland kommen, manche Songs könnten auch von Runrig kommen. Nova Scotia ist eben auch Schottland, wenn auch auf einem anderen Kontinent.

Ich suche mir so um halb sechs einen Bus für die Rückfahrt zu JABULO, ich bin so müde, dass ich die Einladung auf den Katamaran leider nicht mehr wahrnehmen kann.

01. August, Dienstag

Am Vormittag suche ich alles zusammen, was ich an Bord als zum Wassermacher (korrekt heißt das Ding Meerwasserentsalzungsanlage) gehörig finde. Dann ersetze ich die defekte Lampe im Einbauschrank des Wassermachers durch eine neue, damit man da drin auch was erkennen kann. Nach dem Mittag kommt Reinhard rüber und wir schauen uns die Anlage erst einmal im Detail an. Alle Teile sind vorhanden, alle Anschlussleitungen ebenso, es gibt diverse Ersatzfilter, eine gute Betriebs- und War-tungsanleitung sowie einen Satz Reservedichtungen. Auf dem Bedienterminal steht geschrieben, dass die Anlage im Jahre 2009 mit einem speziellen Mittel gefüllt und somit konserviert wurde.

Wir bringen die Ventile in die Startstellung und schalten die erste Pumpe für den Meer-wasserzulauf an, dann die zweite. Beide arbeiten, machen aber ziemlichen Krach. Reinhard beruhigt mich, das sei normal, seine Pumpe ist auch so laut. Dann schließen wir das Bypass-Ventil an der Hochdruckpumpe, jetzt sollte Trinkwasser am Ende herauskommen. Was heraus kommt, ist Meerwasser und zwar aus dem Gehäuse der Hochdruckpumpe. Irgendwas ist undicht. Also muss die Pumpe ausgebaut und zerlegt werden. Es stellt sich heraus, dass diverse O-Ring-Dichtungen völlig verhärtet sind und uns in Teilen entgegen fallen. Zum Glück haben wir Ersatz vorrätig.

Beim zweiten Versuch kommt tatsächlich nach wenigen Minuten einwandfrei schmec-kendes Trinkwasser aus der Membrane, es funktioniert. Leider sind noch ein paar andere Leitungsanschlüsse undicht, aber mithilfe der Ersatzdichtungen und einem Rohrstück aus Reinhards Bestand kriegen wir auch das noch hin. Ab jetzt brauchen wir auf JABULO nicht mehr mit dem Wasser zu sparen. Der „Watermaker“ bringt ungefähr 35 Liter/Stunde. Da die Anlage ohnehin alle paar Tage laufen muss, um nicht zu verkeimen, werde ich ab jetzt bei Sonnenschein und unter Motor, die Anlage benötigt bis zu 20 A Strom, unser täglich Wasser herstellen.

Am Abend sind wir alle an Bord der Five & Dime von Cathy und Kurt eingeladen. So lang-sam entwickelt sich ein Reihum von Einladungen. Es gibt eine fantastische Suppe aus Fisch und Meeresfrüchten und Drinks aller Art. Tonic Water wird mithilfe einer CO2-Sprudelmaschine aus Wasser und Geschmackskonzentrat produziert, es schmeckt super. Wiederum hocken wir mit 11 Leuten auf dem Achterdeck einer Einrumpfyacht eng nebeneinander, was aber der Stimmung keinen Abbruch tut. Erst um Mitternacht ist die Party zu Ende und die Dinghis verteilen sich wieder auf die Yachten.

02. August, Mittwoch

Der Wassermacher tropft jetzt doch noch an einer Stelle, mit Teflon-Band dichte ich die Stelle ab und lasse das System dann 2 Stunden laufen. Wolfgang kommt herüber, um sich die SSB-Funkanlage anzusehen, er hat früher als Funk- und Elektronik Fachmann gear-beitet und kennt alle Tricks und Kniffe. Wir stecken die lose herumliegenden Kabel zwischen der ICOM Blackbox, dem Pactor-Modem und dem Bedienpanel zusammen. Alle Kontakte sind korrodiert und müssen mit Kontaktspray behandelt werden.

Grundsätzlich scheint die Anlage zu funktionieren, wir können empfangen und senden, allerdings fehlt das Mikrofon, um einen echten Test zu machen. Das Display des Bedien-teils ist defekt, so dass man kaum noch was darauf lesen kann. Wolfgang rät mir, die Teile alle mit nach Deutschland zu nehmen und dort entweder überholen zu lassen, falls möglich. Evtl. findet man so ein Bedienteil auch gebraucht bei Ebay. Eine Bedienungs-anleitung habe ich nicht gefunden, die gibt es aber sicher zum Runterladen im Internet.

Ich fahre rüber an Land in den Supermarkt und gehe dort online, die Anleitung ist zwar fast 10 MB groß, aber die Leitung ist schnell genug. Dann kaufe ich noch Croissants, Obst und ein paar Bier ein. Zur Abwechslung auf der Speisekarte nehme ich mir eine Portion Hähnchen süß-sauer von der Garküche mit. Gurke und Tomate habe ich noch an Bord.

03 August, Donnerstag

Heute bleibe ich an Bord, lese und schreibe dann den gesamten Blog um. Zukünftig werde ich für jede Kalenderwoche einen Eintrag machen, dann sind die einzelnen Beiträge nicht ganz so lang und man kann auch eher erkennen, wenn etwas Neues dazukommt. Das dauert fast den ganzen Tag, im WORD alles umzusortieren.

04 August, Freitag

Ich bin gerade dabei, meine Sachen für den Landgang zu packen, als das Telefon klingelt. Kathrin ruft an, um die Geburt unseres dritten Enkels in Zürich zu verkünden. Er ist heute Nacht um 01:00 Uhr europäischer Zeit zur Welt gekommen. Er ist gesund und wiegt knapp 4 Kilo bei 51 cm Länge. Einen Namen hat er noch nicht. Auf meinem Weg zum Dinghi-Dock fahre ich schnell bei den anderen Booten vorbei und lade alle für den heutigen Abend zu einem Umtrunk auf JABULO ein.

Anschließend fahre ich mit dem Bus zur Stadtbibliothek, dort gibt es freies und schnelles Internet. Ich lösche den bisherigen Blog und lade die neu sortierte Version hoch, die ab sofort online steht. Dann aktualisiere ich noch die Reiseplanung auf der JABULO-Web-seite, indem ich den Zeitraum von April 2018 bis zum Spätsommer 2018 aktualisiere, das Ziel ist Trinidad/Tobago. Die weitere Planung bis zum Jahreswechsel 208/19 und darüber hinaus ist in Arbeit.

Eine Bibliothekarin erklärt mir auf meine Nachfrage hin, dass sich ganz in der Nähe der Bibliothek ein Buchladen befindet, in dem man gebrauchte Bücher tauschen kann. Ich gehe dort hin und eine Verkäuferin bestätigt mir das. Also werde ich die nächsten Tage meine ausgelesenen Bücher mit dort hinnehmen und mich neu eindecken.

Auf dem Rückweg steige ich am Einkaufszentrum aus dem Bus aus und besorge noch ein paar Snacks und Nudeln für heute Abend. Langsam wird die Zeit knapp, um halb sieben kommen die Gäste. Wir sind wieder 11 Personen, es sind noch 2 bisher nicht bei uns auf-getauchte Schweizer dazu gestoßen, die etwas weiter vorne in der Bucht ankern. Ihnen sind gerade gestern ihre nagelneuen Fahrräder gestohlen worden, die sie am Dinghi-Dock angekettet haben, dementsprechend sauer sind die beiden.

Es gibt Spiralnudeln und eine Tomaten-Gemüsesauce zum Essen, dazu natürlich jede Menge Bier, heute war es heiß. Meine Biervorräte sind schon wieder bedenklich knapp geworden. Um halb zwölf sind die letzten Besucher verschwunden, ich wasche noch schnell ab und damit ist der Tag zu Ende.

05 August, Samstag

Kurt von der Carina hat uns ein Mikrofon für die SSB Funkanlage geliehen, damit können wir die Sendeleistung austesten. Im hohen Frequenzbereich kommt die volle Leistung, aber unterhalb von 4 Mhz so gut wie gar nichts. Das deutet auf Probleme mit der Erdung hin, ich muss wohl oder übel irgendwann durchs ganze Schiff kriechen und mir die überall verlegten Kupferstreifen ansehen. Evtl. ist der Tuner auch zu weit von der Antenne entfernt, den zu versetzen ist aber ein riesiger Akt, weil man hinten am Heck nirgends dran kommt. Ich werde nichts unternehmen, bevor ich die Komponenten in Deutschland habe prüfen lassen und weiß, wieviel eine Reparatur des Displays kostet.

Carina und Five &Dime verlassen uns, sie segeln weiter. Wolfgang tuckert wieder rüber zur Tanamera, nicht ohne mich für heute Abend einzuladen. Der Reigen der gemein-samen Bordabende geht weiter. Es ist ein wenig wie bei den Wohnmobilisten, die in Spanien überwintern, abends trifft man sich reihum, erzählt von seinen Erlebnissen und leert dabei manches Bier bzw. Glas Wein.

Als ich zur Tanamera übersetzen will, höre ich mehrfach das Pfeifen einer Trillerpfeife, neben JABULO treibt ein Kanu mit einer Mutter und zwei Jungs im Alter von ca. 6 und 10 Jahren. Sie können mit dem gemieteten Boot nicht gegen Wind und Strömung ankom-men und zurück zur Verleihstation paddeln. Sie treiben einfach ab, also fahre ich mit dem Dinghi zu ihnen und schleppe sie den Kilometer dorthin. Für die Jungs ist das ein großer Spaß an der Leine gezogen zu werden. Eigentlich dürften die Verleiher bei so einem Wind die Boote gar nicht rausgeben, auch wenn in Wirklichkeit nichts passieren kann, da die Bucht rundum geschlossen ist und manimmer irgendwo an Land treibt.

Ich komme deshalb mit Verspätung auf der Tanamera an, wir sitzen drinnen, weil draußen der Platz für 5 Personen nicht ausreicht, außerdem ist das Cockpit nicht wirklich windgeschützt. Es geht wieder bis kurz vor Mitternacht, beim Zurückfahren fallen die ersten Tropfen des angekündigten Regens.

06 August, Sonntag

Während der Nacht hat es einzelne Schauer gegeben, am Morgen steht die Sonne aber wieder am Himmel. Ich mache eine Bestandsaufnahme der Vorräte und stelle im Kopf eine Liste der notwendigsten Einkäufe zusammen. Gegen Mittag fahre ich rüber zum Supermarkt und besorge frische Croissants und Obst. Dann warte ich im  Supermarkt, dort habe ich Internet, auf einen Anruf von Thilo, der heute eintreffen soll. Im Internet finde ich nur einen Flug aus Europa, nämlich aus London, der um ca. 14:00 gelandet ist.

Gegen drei Uhr fahre ich wieder zurück an Bord, um dort zu warten. Hin und wieder schaue ich zum abgemachten Treffpunkt an Land und kurz nach vier sehe ich dort jemanden winken. Thilo ist angekommen. Scheinbar kann meine englische Telefonnum-mer nicht von jedem Handy aus angerufen werden. Anscheinend ist die Vorwahl keine echte englische Regionalvorwahl-nummer und wird deshalb nicht von jedem Provider erkannt oder akzeptiert.

Ich hole Thilo mit seinem Gepäck ab und er richtet sich in der steuerbordseitigen Vorkoje ein. Dann machen wir uns bekannt. Thilo hat gerade seinen Bachelor als Fertigungsinge-nieur gemacht, einen Monat gejobbt und hat ca. 2 Monate Zeit, bis das Masterstudium beginnt. Er segelt schon seit Jahren, insbesondere auf Jollen und hat daher anscheinend viel Erfahrung mit Segeltrimm. Wir kochen uns noch ein Abendessen und dann gehen wir ziemlich früh schlafen.

Hiermit endet der erste Reiseabschnitt des Törns, ab Morgen fängt der zweite Abschnitt an, zurück von Kanada nach Süden in die karibische Inselwelt.

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