KW 21, ab 21. Mai

21. Mai 2017 Von Deltaville nach Cockrell Creek, 26 nm

Sonntagmittag legen wir vom Steg der Stingray Werft ab, vorerst nur für ein paar hundert Meter zur nächsten Marina, um dort Diesel zu bunkern. Nach 140 Gallonen (530 l) schalte ich die Zapfpistole ab, der Tank ist aber noch nicht ganz voll. Der Spaß kostet 333 USD, das entspricht ca. 57 €-Cent pro Liter. Jetzt kann es wirklich losgehen. Nach der engen ausgebaggerten Ausfahrtrinne fahren wir unter Maschine bis zur Einmündung des Rappahannock Rivers in die offene Chesapeake Bay, dort wird dann zum ersten Mal das neue, in Südafrika nach den Originalplänen hergestellte Großsegel gehisst. Mit über 70 m2 ist es schon gewaltig groß und schwer. Auch im ersten Reff kommen wir flott voran und laufen so gegen 18:00 in den östlich gelegenen Cockrell River ein.

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Ein einsamer Pelikan

Dort vertrauen wir in einer sehr geschützten, ruhigen Bucht zum ersten Mal uns und unser Schiff dem Anker an. Auf 10 Fuß (3m) Wassertiefe verbringen wir eine ruhige Nacht, außer uns ist niemand da. Einzig das gelegentliche Plätschern der Pelikane beim Fischefangen unterbricht die Stille. Über uns kreisen lautlos ein paar Fischadler, es ist eine echte Idylle.

22. Mai 2017 Von Cockrell Creek nach Little Choptank River, 59 nm

Die in der Nacht eingetretene Flaute dauert am nächsten Morgen an, so dass wir mit Motor weiterfahren müssen. Weil es so schön ruhig ist, bekommt Andreas noch eine Übungsstunde zum Thema Mann-Über-Bord Manöver unter Maschine. Nach einer langweiligen und wegen der Motoren lauten Weiterfahrt müssen wir uns am Abend nach 60 nm wieder einen Ankerplatz suchen, was sich als nicht so einfach erweist. Die Chesapeake Bay ist an den Rändern außerordentlich flach und selbst für unseren Katamaran reicht es meist nicht.

Im Little Choptank River auf der Ostseite werden wir dann fündig, aber auch dort windet sich die sichere Einfahrt umständlich um diverse Flachstellen und Untiefen herum. Nachdem wir dann kurz vor dem angepeilten Ankerplatz plötzlich viel weniger Wassertiefe messen als auf der Karte angegeben, lassen wir sofort den Anker fallen, es wird auch langsam dunkel, und bleiben dort über Nacht mit nur 1 m unter den Kielen. Der Platz ist leider nicht sehr geschützt, also müssen wir der Haltekraft des Ankers gegen Strömung und Wind von über 10 Knoten vertrauen.

23. Mai 2017 Von Little Choptank River nach Annapolis, 26 nm

Die bis Annapolis verbleibenden 26 nm sind ein Kinderspiel. Bei zu schwachem Wind ereichen wir unseren reservierten Liegeplatz um 13:00 Uhr. Bereits einige Meilen vor der Backbord gelegenen Einfahrt in die Annapolis-Bucht haben wir den Eindruck, in eine Neuverfilmung von Top-Gun mit uns als Angriffsziel geraten zu sein. Wieder und wieder werden wir von tief fliegenden Kampfjets, sowohl einzeln als auch in Formation fliegend, attackiert. Es handelt sich um F18 Maschinen, die einen unglaublichen Lärm verursachen, mehrfach soviel wie jeder Ziviljet.

Im Hafen werden wir dann beruhigt, dass nicht wir mit unserer deutschen Fahne das Angriffsziel waren, sondern dass am nächsten Tag eine große Flugschau stattfinden sollte und heute wären eben die Übungsflüge dafür. Wie jedes Jahr endet im Mai das Ausbildungsjahr der Kadetten der Annapolis Nasal Academy und zu dem Anlass gibt es stets ein großes Aufgebot mit allem, was die Navy zu bieten hat. Trotz des unsicheren Wetters, Regen scheint jederzeit möglich, gehen wir dennoch von Bord und flanieren durch den alten Hafenbereich, in dem noch einige der alten Häuser aus dem 18. und 19.Jahrhundert stehen. Heutzutage beherbergen sie fast alle Restaurants, Cafes oder kleine Souvenirläden. Wir genehmigen uns ein Eis nach amerikanischer Art, damit ist vor allem die enorme Größe gemeint. Eine einzige Kugel ist fast schon eine komplette Mahlzeit und so mancher Kunde bestellt 3 oder 4 Kugeln, was zusammen sicher ein Pfund Eis ergibt.

Der ganze Hafenbereich ist voller Menschen, die angesichts der am nächsten Tag stattfindenden Schau nach Annapolis gekommen sind. Neben den vielen in weißer Ausgehuniform flanierenden Offiziersanwärterinnen und –anwärter sind auch diverse Zivilisten auf den Beinen, Angehörige und Freunde der Soldaten sind wohl zum Ausbildungsabschluss angereist. Im Hafenbecken ist ein ständiges Ein- und Ausfahren von schicken Motoryachten zu beobachten, jeder, der etwas auf sich hält, will wohl mal gesehen werden. Die Boote für die Hafenrundfahrten sind ausgebucht, die Bars und Restaurants am Wasser ebenso.

24. Mai 2017 Annapolis

Pünktlich um 08:30 Uhr wird unser neues Dinghi geliefert. Damit habe ich freie Bahn, mir einen Laden mit Seglerzubehör zu suchen, es fehlen immer noch ein paar Kleinteile, nicht zuletzt für den Außenbordmotor, den wir noch nicht ausprobiert haben. An der Rezeption des kombinierten Appartment- und Yachtclubs erklärt man mir den Weg und wie alles in den USA, ist der Laden natürlich 2 Meilen (3,2 km) entfernt. Der Angestellte will mir ein Taxi bestellen, als ich ihm erkläre, ich wolle zu Fuß gehen, sieht er mich völlig ungläubig an.

Ich brauche 45 Minuten, die Navigations-App auf dem Smart-phone weist mir zuverlässig den Weg. Beim Laden angekommen, werde ich angenehm überrascht, denn es gibt dort sogar 2 Bootsausrüster, einen Hardware-Store, so was wie ein Baumarkt in klein, und einen riesigen Supermarkt. Damit ist klar, wo mir am morgigen Tag unseren gemeinsamen Großeinkauf erledigen können.

Ich bin mit nach ca. 7 km müden Beinen kaum wieder beim Boot angekommen, als Josef, unser drittes Crew-Mitglied viel früher als erwartet eintrifft. Zu Andreas’ und meiner Verwunderung schleppt er zwei riesige Gepäckstücke, die er exakt bis zu den erlaubten 23 kg je Tasche gefüllt hat, sowie ein gerade noch erlaubtes schweres Handgepäck mit sich. Er richtet sich in seiner Kabine erstmal ein, dann gibt es ein gemeinsames Abendessen mit ein paar Gläsern Wein und Josef geht als Erster schlafen.

25. Mai 2017 Annapolis

Der Donnerstag steht ganz im Zeichen des Kennenlernens und der Reisevorbereitung. Josef packt die von mir angeforderten AUTAN-Flaschen aus, die wir sowohl im Norden in Kanada wie auch im Süden in der Karibik wohl brauchen werden.

Beim Frühstück erklärt er Andreas und mir den Grund für sein enormes Gepäck. Einmal hat er als begeisterter Taucher 2 Neoprenanzüge, mehrere Paar Flossen und Taucher-brillen dabei, dann kommen diverse Lehrbücher übers Segeln zum Vorschein, insbesondere Literatur über Sturmtaktik und Schlechtwettersegeln. Er ist aktuell dabei, einen Hochseesegelschein in Österreich zu machen, und dazu gehört anscheinend auch das Segeln im Sturm. Dementsprechend hat er auch richtig schweres Ölzeug dabei. Als ich ihm erkläre, dass ich bei derartigen Bedingungen doch lieber im Hafen bliebe, ist er etwas enttäuscht. Dann kommt sein Navigationsbesteck zum Vorschein, mit dem er unsere Routen planen will. Ich verweise ihn an den Laptop mit den aktuellen NOAA-Seekarten und das Raymarine Navigationsgerät im Cockpit. Er ist davon ausgegangen, dass wir nach alter Sitte mit Papierkarten navigieren würden.

Nach dem Kaffee gehen wir gemeinsam die vorhandene Einkaufsliste und die bereits vorhandenen Vorräte durch. Anschließend marschieren wir dann die 2 Meilen zum von mir gefundenen Supermarkt. Der Weg dorthin führt an einer typischen amerikanischen Vorstadt-Einfallstraße entlang. Auf beiden Seiten finden sich Einfamilienhäuser mit Garagen, Parkplätzen, sauber geschnittenem Rasen und in vielen Fällen mit einem wehenden Sternenbanner. Im Einkaufszentrum angekommen, lasse ich die beiden die Einkäufe erledigen, während ich mich auf die Suche nach einem Segelführer oder Küstenhandbuch für den vor uns liegenden nördlichen Teil der Ostküste mache. Praktisch alle Bücher behandeln in erster Linie die innere Route über den Intra Coastal Waterway, der uns wegen der Größe von JABULO versperrt ist. Außerdem kann man dort kaum segeln, sondern muss fast immer motoren. Anscheinend fahren nur wenige draußen entlang.

Letztlich entscheide ich mich für das Standardwerk, den Northern Waterway Guide und warte vor dem Supermarkt auf die beiden Einkäufer. Weil auch ich nach diversen Aufenthalten in den Staaten bei einem großen Teil der angebotenen Waren immer noch nicht weiß, was sich hinter der Verpackung verbirgt, ist mir klar, dass das Einkaufen dauern würde. Nach 2 Stunden sind die zwei fertig und schieben zwei volle Einkaufswagen vor die Tür. Ich habe in der Zwischenzeit den Laden für Bier und Wein ausfindig gemacht, nachdem wir dort gebunkert haben, bestellt uns der Kundenservice des Marktes ein Taxi, wir können all die Einkäufe unmöglich 2 Meilen tragen.

Wir haben alles gerade im Schiff verstaut, da geht es los mit dem bereits lange erwarteten Gewitter mit Starkregen und es wird kalt. Wir sitzen aber schön im Trockenen und es regnet auch nirgends mehr rein. Josef kocht eine riesige Portion Spaghetti Bolognese, als ob wir doppelt so viele Leute wären wie in der Realität. Na gut, dann gibt es eben morgen noch mal dasselbe.

26. May 2017 Von Annapolis nach Chesapeake City, 46 nm

Es ist Montagmorgen, wir lassen uns viel Zeit beim Aufstehen, Frühstücken und Aufklarieren. Einzig Josef ist schon um 06:00 Uhr morgens wach und hat sich, wie sich später herausstellt, sein gestern gekauftes Porridge gekocht. Als ich aufwache, bin ich allein an Bord. Nichtwissend, dass die Anderen jeweils schon ihr eigenes Frühstück gemacht haben, koche ich Kaffee und decke den Tisch für alle. Für mich ist es sonnenklar, dass wir immer alle gemeinsam essen, dass ich es nicht für nötig fand, darüber auch nur zu sprechen. Irgendwann kommen die beiden vom Duschen zurück und sehen erstaunt den Frühstückstisch. Wir sitzen kurz zusammen und beschließen, dass so was nicht wieder vorkommen soll. Einzig Josef beharrt auf seinem allmorgendlichen 6 Uhr Porridge, will dann aber später mit uns gemeinsam richtig frühstücken. Wir werden sehen.

Gegen 11:00 Uhr legen wir ab und kurz außerhalb der Hafenmündung setzen wir Segel, die Böen kommen so heftig, dass wir das Großsegel nur bis zum 2. Reff hochziehen. Mit ungereffter Genua setzen wir bei raumschots 16-20 kn Wind von Backbord Kurs auf die riesige Brücke, die die Chesapeake Bay überspannt, in Wirklichkeit sind es zwei parallele Brücken.

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Die Brücke über die Chesapeake Bay

Die Dimension entspricht in etwa der der Brücke über den großen Belt zwischen Kopenhagen und Dänemark. Eine Stunde später fahren wir unten durch und fühlen uns klein angesichts der enormen Betonpfeiler links und rechts von uns. Nach der Brücke können wir ein wenig anluven und machen dank des unterstützenden Gezeitenstroms von 2 kn zwischen 8 und 10 kn Fahrt über Grund (SOG).

Der Wind bleibt beständig und treibt uns immer weiter in Richtung des enger werdenden nördlichen Ausgangs der Bucht. Dort verbindet ein Kanal, der bereits vor fast 2 Jahrhunderten vom US Army Enginnering Corps gebaut und immer wieder erweitert wurde die Chesapeake Bay mit dem Delaware River. Deshalb heißt der Kanal auch der Chesapeake-Delaware Kanal. Es wird 18:00, wohin jetzt für die Nacht?? Kurz vor dem Kanaleingang liegt an Backbord eine einigermaßen geschützte Bucht, in der auch bereits 2 Segler vor Anker liegen. Als wir uns dem laut Karte mit ausreichender Tiefe ausgewiesenen Ankerplatz nähern, piepst gerade, als wir den Anker fallen lassen, der Tiefenalarm. Nur noch ein Fuß (30 cm) unter den Kielen. 10 Sekunden später fühle ich, dass der Bodenschlamm uns abbremst. Mit beiden rückwärts laufenden Maschinen kommen wir leicht wieder frei, aber ich entscheide, auf weitere Ankerexperimente in dieser Bucht mit unsicheren Tiefenverhältnissen zu verzichten.

Wir fahren in den Kanal hinein und plötzlich sind weder Wind noch Welle zu spüren. Der Strom schiebt mit 4 Knoten von hinten, sodass wir im beinahe-Leerlauf mit 6- 7 Knoten vorankommen. Unser Ziel ist eine kleine in einer steuerbordseitigen Bucht gelegene Marina, die zum Städtchen Chesapeake City gehört. Dort ist die Hölle los, alle irgendwie in der Region existierenden Motorboote und -yachten sind versammelt, hunderte von Leuten feiern auf der riesigen Terrasse des Clubrestaurants den Freitagabend.

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Party am Samstagabend

Wir sind plötzlich die Attraktion des Abends, ein so großer Katamaran und dann noch unter deutscher Flagge, das hat man hier selten. Alle schauen erwartungsvoll zu, wie ich JABULO am ersten angepeilten kleinen Steg, an dem wir laut Hafenmeister nicht festmachen sollen, auf dem Teller umdrehe und an den nächstgelegenen Außensteg verhole. Das Anlegemanöver gelingt völlig unaufgeregt auf den Zentimeter genau. Damit ist die Show beendet, was auch immer die Leute erwartet haben, ist nicht eingetreten.

Der Liegeplatz kostet 150 $ für die Nacht, ganz schön happig. Dafür mischen wir uns später unter die Leute, nehmen ein paar Drinks und lassen uns von der Live-Rockband zudröhnen, während die Bedienungen Unmengen von Essen und Trinken zu den Besuchern rausschleppen. Ich werde mehrmals angesprochen, woher und wohin, irgendwie war jeder schon mal in Deutschland und/ oder kann ein paar Brocken Deutsch sprechen. Gegen 22:00 Uhr verlassen die ersten Gäste die Party, um Mitternacht hört die Band auf, es wird still in der Marina.

27. Mai 2017 Von Chesapeake City nach Cape May, 72 nm

Am Samstagmorgen ist der Ort völlig verlassen, wir sind die einzigen lebenden Seelen. Nach dem Frühstück geht es wieder in den Kanal hinaus, Segeln ist hier nicht erlaubt, wiederum hilft der Strom, dank dessen wir mit nur leise laufenden Motoren majestätisch die 10 Meilen bis zur Mündung in den Delaware River gleiten.

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Genug Durchfahrthöhe oder nicht??

An einer Brücke zögere ich kurz, ob wir mit unserem Mast durchpassen. Aber es ist falscher Alarm, die Durchfahrthöhe beträgt 40 m. Diese Brücke kann abgesenkt werden, damit dann eine Eisenbahn drüber fährt, was ein- oder zweimal am Tag vorkommt.

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Motorboot auf dem Kanal

Auch im Delaware River herrscht inzwischen fast völlige Flaute, was auch den ganzen Tag so bleiben wird. Der Delaware River ist eine wichtige Verkehrsader, am Nordausgang liegt Philadelphia, das wir ursprünglich besuchen wollten. Angesichts der Windstille beschließe ich direkt nach Süden zu fahren, wir hätten sonst auch die ganze Strecke nach Norden motoren müssen. Für Boote mit niedrigerem Mast gibt es einen Nordausgang in den entsprechenden Abschnitt des ICW, wir hätten auf alle Fälle wieder nach Süden fahren müssen.

So fahren wir Stunden um Stunden unter Autopilot nach Süden, unterwegs begegnen uns einige Riesentanker und Frachter, während das Wetter immer schlechter wird. Ich versuche einen geeigneten Ankerplatz für die Nacht auszumachen. Je genauer ich in die Karten schaue, desto größere Zweifel habe ich, dass irgendeine der kleinen Marinas und Buchten links und rechts ausreichend Tiefe für uns aufweist. Also sicher ist sicher, wir fahren weiter bis ans Ende der Delaware-Bucht nach Cape May. Da es noch ziemlich weit ist, gehe ich mit den Motoren auf 2.200 U/min.

Die Stimmung an Bord wird langsam immer schlechter. Die dröhnenden Motoren gehen allen auf die Nerven, dann beginnt es zu regnen, es wird kalt, und dann kentert der Strom auch noch und kommt uns mit 2-3 Knoten entgegen, was die Fahrt nicht gerade kürzer macht. Die Sicht wird immer schlechter und es wird früh dunkel.

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Regenbogen überm Delaware River

Ich fahre nur nach Instrumenten. So langsam kommen die unterschiedlichen Erwartungen der Crew an den Törn zum Vorschein. Ich persönlich ziehe eine einmal angefangene Sache meistens durch, auch wenn es anstrengend oder unangenehm ist. Dabei lasse ich dann auch schon mal geregelte Mahlzeiten aus, was für Josef offensichtlich ein Problem darstellt. Wir behelfen uns mit Müsli-Riegeln, Keksen und einen Kaffee.

Ziemlich erledigt von der Kälte erreichen wir die Einfahrt von Cape May gegen 22:00 in völliger Dunkelheit. Den im Handbuch angegebenen Ankerbereich zu finden erweist sich schwieriger als gedacht. Direkt im Einfahrtskanal liegt ein Saugbagger, der die Fahrrinne offen halten soll. Josef dirigiert mich von innen über die Kartenanzeige von Open-CPN, Andreas hält Ausguck mit Handscheinwerfer. Ich habe am Ruder den Raymarine-Plotter, sehen kann ich außer  den blendenden Lichtern des Saugbaggers fast nichts. Leider geben meine beiden Navigationsassistenten völlig widersprüchliche Anweisungen, der eine sagt, links, der andere rechts halten. In der späteren Diskussion stellt sich heraus, dass beide die Entfernungen zu den Flachstellen und dem Saugbagger falsch eingeschätzt haben. Wir finden dennoch einen Ankerplatz mit ausreichend Wassertiefe direkt gegenüber dem Pier der Coast Guard. Nach einem Bier bzw. einem Glas Wein geht’s ab in die Kojen.

28. Mai 2017 Cape May

Es ist Sonntag, um ca. halb neun werde ich von der Coast Guard angefunkt. Man möchte mich darüber informieren, dass wir so dicht an der Fahrrinne ankern, dass wir bei dem zu erwartenden Sonntagsbetrieb und dem damit verbundenen Wellenschlag einen unruhigen Tag zu erwarten hätten. Das war eine höfliche Aufforderung, unseren Sch…-Kahn gefälligst aus dem Weg zu schaffen. Ich habe verstanden, wir lichten den Anker und verholen ein paar hundert Meter weiter nach innen, wo sich schon andere Gastlieger befinden. Aber auch hier ist außerhalb der Fahrrinne bei Niedrigwasser nur noch ein Meter unter den Kielen. Wir beschließen, die im „Keller“ liegenden Solar-Panels zum installieren und ein paar sonstige Bastelarbeiten vorzunehmen.

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Das erste neue Solarpanel
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Josef im Schiffsbauch

Während ich mit Andreas auf dem Biminidach herum klettere und Kabel von dort zum Laderegler durchs halbe Schiff ziehe, schöpft Josef das Regenwasser aus den vorderen Auftriebsräu-men, das dort noch an die vielen Lecks im Oberdeck erinnert. Anschließend montieren wir den Außenborder am neuen Dinghi und testen das Ganze mal. Obwohl die Werft in Deltaville den Motor angeblich geprüft hat, läuft der mehr schlecht als recht unter enormer 2-Takt Qualm-Entwicklung und bringt keine Leistung. Josef und ich wollen dennoch in die nächste Marina fahren, ein wenig Spezialwünsche Josefs einkaufen und den fast leeren Benzintank mit der korrekten 2-Takt-Mischung auffüllen. Obwohl der Motor furchtbar läuft, kommen wir drüben an. Auf der Rückfahrt wird es mit neuem Sprit hoffentlich besser gehen.

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Cape May, eine viktorianische Stadt in den USA

Cape May ist laut Segelführer eine der am besten erhaltenen Victorian-Age-Städte der USA. Da das Wetter schön ist, laufen wir die 3 km in die Stadt, immer entlang an endlosen Reihen von schmucken Holzhäusern, meistens mit überdachter Front-Porch. Ich fotografiere diverse davon, aber es kommen immer noch schönere. Irgendwann gebe ich auf.

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Im Stadtzentrum gibt es tatsächlich so etwas wie eine europäische Fußgängerzone mit Cafes, Restaurants und Souvenirläden. Weil Sonntag ist, sind auch eine Menge Besucher unterwegs. Wir gönnen uns ein Bier und einen Snack, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Es geht noch schnell in den Supermarkt und dann zurück zum Dinghi.

Leider ist die Tankstelle der Marina schon geschlossen, aber gerade nebenan ist eine Shell-Station, wo wir 2 Gallonen Benzin tanken können. Der Motor startet auch prompt und bringt uns aus der Marina in die Bucht hinaus, dort allerdings stirbt er ab und ist um keinen Preis mehr zum Laufen zu bringen. Ich versuche ein kurzes Stück, in Richtung JABULO zu rudern, aber gegen den Wind und gegen die Welle haben wir keine Chance. Zum Glück habe ich die Handfunke dabei und kann eine Art Pannendienst anrufen, der uns gegen eine saftige Gebühr zum Schiff rausschleppt. Aber wir hatten leider wie immer keine andere Wahl.

Wie immer, wird man aus Schaden klug. Ich hatte zwar das tragbare Funkgerät dabei, wir hatten aber mit Andreas an Bord keinen Kontakt ausgemacht. Von nun an werden wir immer einen Sprechkanal festlegen, unter dem wir uns verständigen können, wenn einer das Schiff alleine verlässt. Und außerdem haben wir gelernt, dass die Ruder bzw. Paddel am Dinghi nicht wirklich helfen, wenn es auch nur ein wenig windig ist. Immerhin bereiteten wir uns ein opulentes Mahl mit Avocado als Vorspeise, Reis mit Thunfisch-Tomatensauce und als Nachtisch Obst.

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Nach getaner Arbeit schmeckt es um so besser

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